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PFINGSTEN | ||
EINHEIT ODER EINHEITLICHKEIT? Pfingsten, der Geist und die Globalisierung von Rainer Oechslen |
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Irgendwann fiel dem König Nebukadnezar ein: "Ich herrsche über ein Reich, das die halbe Welt umfasst. Überall in meinem Reich gelten einheitliche Gesetze. Die Leute rechnen und zahlen in einheitlicher Währung. Man versteht allenthalben die babylonische Einheitssprache. Da fehlt noch eine einheitliche Gottesverehrung, die Einheitsreligion." Darum lässt der König ein goldenes Bild machen, sechzig Ellen hoch und sechs Ellen breit und lässt es aufrichten in der Ebene Dura im Lande Babel". Als das Bild fertig ist, verkündet der Herold: Es wird euch befohlen, ihr Völker und Leute aus so vielen verschiedenen Sprachen: Wenn ihr hören werdet den Schall der Posaunen, Trompeten, Harfen Zittern, Flöten, Lauten und aller anderen Instrumente, dann sollt ihr niederfallen und das goldene Bild anbeten, das der König Nebukadnezar hat aufrichten lassen." Und wer nicht niederfällt? Dem lässt der König einheizen. Für die Globalisierungsgegner hat man extra einen glühenden Ofen gebaut. Nebukadnezars Politik ist ein Konzept von Einheit. Ich nenne es das babylonische Konzept. Man kann die Einheitlichkeit der Menschheit mit Hilfe des Militärs durchsetzen oder mit Hilfe der Wirtschaft - etwa so, dass niemand kaufen oder verkaufen kann, wenn er nicht das Zeichen hat, nämlich den Namen des Tiers oder die Zahl seines Namens." Man kann sie auch mit Hilfe der Kultur durchsetzen, mit Hilfe der Religion - oder mit allem zusammen. Es gibt allerdings noch ein anderes Konzept, nennen wir es das Jerusalemer Konzept der Einheit. Da versammeln sich zu Schawuot, unserem Pfingstfest im Tempel von Jerusalem ein Kreis von Christen und es geschieht plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Wind ... und es erscheinen Zungen zerteilt, wie von Feuer; ... und sie wurden erfüllt von dem heiligen Geist und fingen an zu predigen in anderen Sprachen." Nun entsteht nicht etwa eine Welteinheitssprache. Es wird weder das Griechische noch das Lateinische den Gemeinden als heilige Sprache verordnet. Sondern jeder und jede hört nun seine eigene Muttersprache - Parther und Meder und Elamiter und Leute aus Mesopotamien (d.h. aus Babylon!), aus Kappadozien, Phrygien und Pamphylien, Arabien und so weiter. Wo Pamphylien ist, weiß ich auch nicht. Aber ich stelle mir vor, dass man in Jerusalem neben der pamphylischen auch noch die estnische und die ungarische Sprache gehört hat und Malajalam, die Sprache aus Kerala, die noch kein Europäer gelernt hat, auch Rätoromanisch hörte man da und sogar Englisch. Irgendwie wird aus diesem bunten Völker- und Sprachengemisch am Pfingsttag eine Gemeinde. Sie bedarf dazu - wenigstens erst einmal - keines Papstes und keines Bischofs. Es genügt die Predigt der Apostel - und die sind zu zwölft und untereinander keineswegs immer einer Meinung. Nicht lange, so werden die multikulturellen christlichen Gemeinden in Rom und Korinth viele innere Konflikte haben und sie werden auf Anregung des Paulus doch sagen: Die Gemeinde ist ein Leib". Und ein Schüler des Paulus wird nach Ephesus schreiben: Ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung." Die Behauptung Nebukadnezars There is no alternative"
- es gibt keine Alternative zum babylonischen Konzept der Einheit - ist
sicher falsch. Es gibt wenigstens zwei Konzepte von Einheit. In Babylon
versteht man Einheit als Einheitlichkeit, als Uniformität und Zentralismus.
Im Jerusalemer Konzept ist Einheit vielgestaltig, vielsprachig, viel
- bunt" - wie das Wort mannigfaltig" im Epheserbrief wörtlich
zu übersetzen wäre. In Jerusalem gibt es kein einheitliches
Bild der Kirche in der Öffentlichkeit" - wie es in letzter Zeit
manchmal in kirchlichen Verlautbarungen heißt. Wohl aber gibt es
eine Einheit der Kirche im Geist und im Glauben - und es gibt sogar Freude
an dieser Einheit. Das gilt auch noch in der Zeit der Aufklärung. Gotthold Ephraim Lessing etwa kritisierte die Intoleranz der Religionen - und war zugleich der Anwalt einer einheitlichen Erziehung des Menschengeschlechts". 1783 antwortete der jüdische Philosoph Moses Mendelsohn in seiner Schrift Jerusalem oder über religiöse Macht und Judentum": Er schrieb: Man stellt sich das kollektive Ding, das menschliche Geschlecht, wie eine einzige Person vor, und glaubt, die Vorsehung habe sie wieder gleichsam in die Schule geschickt, um aus einem Kind zum Manne erzogen zu werden." Aber das stimmt nicht, denn jeder geht das Leben hindurch seinen eigenen Weg; diesen führt er über Blumen und Wiesen, jenen über wüste Ebenen oder über steile Berge und gefahrvolle Klüfte. Aber alle kommen auf der Reise weiter und gehen ihres Weges zur Glückseligkeit, zu welcher sie beschieden sind. Aber dass auch das Ganze, die Menschheit hienieden, in der Folge der Zeiten immer vorwärts rücke und sich vervollkommnen soll, dieses scheint mir der Zweck der Vorsehung nicht gewesen zu sein." Gleich zwei Lieblingsideen der Neuzeit leugnet Mendelsohn: die Vorstellung von einem allgemeinen Fortschritt und die gewaltige Phantasie einer Einheitlichkeit der Menschheit. Ich glaube: Mendelsohn hatte allen Grund zu diesem zweifachen Nein. Was bleibt uns zu tun am Pfingstfest 2002? Erstens: Lasst uns endlich aufhören, Einheit
und Einheitlichkeit zu verwechseln. Was nicht grau ist, das ist gräulich,
was nicht blau ist, das ist bläulich, wo keine Einheit ist, da ist
Einheitlichkeit. Aber lasst uns die Einheitlichkeit wenigstens nicht mehr
Einheit nennen. |
OSTERN
AZ: Herr Weniger, wie verbringen Sie privat,
der Familienvater, nicht der Pfarrer von St. Lorenz, die Osterfeiertage? |
Im Nürnberger Tiergarten, Karfreitag, 18 Uhr: Die Elefanten haben
Ruh, das Raubtierhaus hat zu, strömen da auf einmal die letzten paar
Besucher zusammen, wo dieses zottelige schottische Hochlandvieh steht,
das mit den riesigen Hörnern und dem feinen, sich kräuselnd
dichten Fell dazwischen. Und? |
WEIHNACHTEN Das Märchen Es war einmal vor Anbeginn der Welt, da lebte Gott der Herr in der Höhe und Tiefe seiner Macht und Güte, lebte er, dem Sonne, Mond und Sterne dienen, und bei ihm der Engel Schar viel tausend, tausend Jahr. Sie hatten güldnen Frieden und sangen siebenstöckig das Gloria in excelsis: Ehre sei Gott in der Höhe. Bis Gott der Herr fand, dass ihm etwas fehlte und er die Menschen schuf nach seinem Bild mitten im Weltall auf einem kleinen Gestirn, genannt die Erde. Und Gott der Herr tat auf den großen Himmelsschatz und fragte die Menschen: Was wollt ihr haben? Hat alles ausgebreitet, was er hatte. Und so nahmen sich die Äthiopier die Schönheit Afrikas, Ausdauer
und Schnelligkeit Das alles schenkte er den Menschen und leerte seinen Schatz bis auf den Grund. Bald war die ganze Welt weggegeben, und die Menschen auf und davon und mit ihren Geschenken beschäftigt wie Kinder an Weihnachten. Da entdeckte Gott der Herr in seiner Güte - und siehe, ganz hinten im Eck lag noch etwas: Genau! Der Friede auf Erden. Den hatten die Menschen irgendwie vergessen. Gott der Herr
wurde unruhig: Was nützen all die Gaben und Geschenke, wenn ihnen
der Friede auf Erden fehlt? Ich glaube, sprach einer von den Erzengeln, der Friede muss
als Gast auf die Erde kommen. Denn zu Gästen ist man höflich.
Man holt sie vom Bahnhof ab. Man bittet sie herein zu kommen. Der Gast
bestimmt das Leben im Haus.
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Vielleicht als Kind, fuhr ein anderer fort, ein Kind aus
einem armen unterdrückten Volk. Das können die Menschen gar
nicht ablehnen. Friede, Freude, Eierkuchen, sprach einer von den jungen
kriti-schen Engeln, es muss doch auch ehrlich zugehen! Frieden muss dort
sein, wo er echt gebraucht wird. Bei jemand, der ganz allein ist, keine
Hilfe hat und trotzdem stark sein muss. Und wer kommt dafür auf, wer soll hinter dem Kind stehen, fragte Gott der Herr, einfach ein Kind in die Welt setzen, Frieden auf Erden bringen, aber nichts dafür tun! Da wurde es auf einmal ganz still in der Engelrunde. Und sie sahen alle auf ihn. Und Gott der Herr sprach: Also gut, ich klemm mich dahinter. Und das begab sich zu der Zeit, als ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde ... Soweit mein Märchen. Den Rest kennt ihr selber. Von Ewigkeit zu Ewigkeit singen die Engel ihr Ehre sei Gott in der Höhe. Aber seit jener Zeit und zum ersten Mal auf den nächtlichen Fluren von Bethlehem singen sie es mit dem berühmten Zusatz ... und Friede auf Erden bei den Menschen, die er liebt. Also klemmt euch dahinter, damit die Geschöpfe dieser Erde nicht durch Hunger und Furcht gequält, nicht zerrissen sind in sinnloser Trennung nach Rasse, Hautfarbe und Weltanschau-ung! Und fangt heute damit an, damit euere Kinder und Kindeskinder einst mit Stolz den Namen der Menschen tragen, wie geschrieben steht am Eingang euerer Vereinten Nationen in New York. H.W. |
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